Universität Wien, Zentrum für Lehrer*innenbildung und Fakultät für Philosophie und Bildungswissenschaft

Die Fülle, Vielschichtigkeit, Dynamik und Ambiguität von (ästhetischer) Erfahrung an und mit Lerngegenständen, aber auch mit sich selbst und anderen erfordert ein Untersuchungs- und Reflexionsinstrument für die Bildungsforschung, das der Perspektivität der Akteur*innen sowie ihren personalen Bedeutungen gerecht wird. Dieser Ansatz, explizit die Wahrnehmungen und Erfahrungen der Lernenden in den Blick zu nehmen sowie fachliche und leistungsbezogene Ergebnisse bewusst in den Hintergrund treten zu lassen, folgt am Zentrum für Lehrer*innenbildung und der Fakultät für Philosophie und Bildungswissenschaft einer ,lernseitigen‘ Betrachtung pädagogischen Handelns. Um Möglichkeiten des Vollzugs von Wahrnehmung, Erfahrung und Erkenntnis von Selbst, Welt und anderen an ausgewählten (Bildungs-)Orten exemplarisch aufzuzeigen und Lernprozesse methodisch zu erschließen, bietet sich das gleichermaßen ästhetisch verfasste wie phänomenologisch fundierte Erhebungsinstrument der Vignette an.

Am Zentrum für Lehrer*innenbildung der Universität Wien ist deshalb seit 2018 in Kooperation mit der Leibniz Universität Hannover das Forschungsprojekt „Am Phänomen orientiert: Kunstvermittlung ‚Nah am Werk‘ und Vignettenforschung. Potenziale der Forschungen über ästhetische Bildung im wahrnehmenden Zugang“ angesiedelt. In der wechselseitigen Fruchtbarmachung der Ansätze ,Nah am Werk‘ und Vignettenforschung werden Möglichkeiten erschlossen, sich vermeintlich Bekanntem in neuer Weise zuzuwenden und dabei Phänomene in ihrer Mehrdeutigkeit wahrzunehmen und zu reflektieren. In der Entwicklung eines erfahrungsorientierten hochschuldidaktischen Settings werden im Projekt „Ethos im Lehrberuf“ – gemeinsam mit der Humboldt-Universität zu Berlin und der Universität Innsbruck – zudem Potenziale zur Ausbildung einer professionellen pädagogischen Haltung (Ethos) ausgelotet.

Von November 2020 bis November 2022 wurde am ZLB zudem das EU-Projekt „Professionalisierung von Pädagog*innen und pädagogischen Führungskräften durch Lernforschung mit Vignetten/ProLernen“ koordiniert. Gemeinsam mit sechs weiteren Standorten des Netzwerkes – der Pädagogischen Hochschule Wien, der Universität Klagenfurtder Leibniz Universität Hannoverder Freien Universität Bozender Universität Westmazedonien sowie dem Schulamt des Fürstentums Liechtenstein in Zusammenarbeit mit der Pädagogischen Hochschule Zürich – wurde auf Basis der Vignettenmethodologie ein Handbuch für angehende Pädagog*innen sowie pädagogische Führungskräfte ausgearbeitet. Zu Professionalisierungszwecken wurden für diese Zielgruppen zudem Schulungsmodule entwickelt.

In Kooperation mit der Universität Pretoria und der Universität Innsbruck wird das Projekt "Teach4Reach" mit dem Ziel umgesetzt, die UN Nachhaltigkeitsziele (SDGs) anhand von Vignetten in der Lehrer*innenbildung zu verankern.

Sowohl am Institut für Lehrer*innenbildung als auch am Institut für Bildungswissenschaft werden Vignetten in der Aus- und Weiterbildung von (angehenden) Pädagog*innen eingesetzt. So können Studierende, Pädagog*innen sowie Lehrpersonen aus Vignetten lernen bzw. Forschungserkenntnisse für ihre zukünftige und gegenwärtige berufliche Praxis ziehen. Anhand von Vignetten als verdichtete Unterrichtsszenen werden Studierende darin geschult, einen veränderten Blick auf Lernen und pädagogisches Handeln, aber auch auf Möglichkeiten des Forschens in formalen Bildungsinstitutionen wie der Schule zu werfen. Dabei werden auch Fragen hinsichtlich der eigenen pädagogischen Professionalität in den Blick genommen.

So widmet sich beispielsweise Veronika Ehm in ihrem Dissertationsprojekt dem Thema der Kunstvermittlung und Ästhetischer Bildung im Kindergarten. Anhand von phänomenologischen Vignetten arbeitet sie „das Besondere“ der Begegnungen von Kindern, Kunstgegenständen, Pädagog*innen und einer Künstlerin heraus.